Retinitis pigmentosa

Im Folgenden finden Sie einen Auszug aus unserer Informationsbroschüre «Retinitis pigmentosa».

  • Alter Beginn meist im Kindes- bis Jugendalter
  • Symptome Blendungsempfindlichkeit, Nachtblindheit, Peripherer Gesichtsfeldausfall, Farbstörung, Schlechtes Kontrastsehen, Nystagmus
  • Vererbung Autosomal-dominant, Autosomal-rezessiv, X-linked
  • Häufigkeit Es ist etwa eine von 3000 bis 5000 Personen von RP betroffen.

Als Retinitis pigmentosa (RP) werden verschiedene Erbkrankheiten der Netzhaut zusammengefasst, bei denen die lichtempfindlichen Netzhautzellen (Photorezeptoren) ihre Funktion verlieren. Sie können Lichtsignale nicht mehr in Nervensignale umwandeln und verkümmern allmählich. RP kann deshalb zu einer schweren Sehbehinderung oder Erblindung führen.

Die ersten Auffälligkeiten treten meist bereits im Jugend- oder jüngeren Erwachsenenalter auf. Sie äussern sich in Blendempfindlichkeit, Nachtblindheit, der zunehmenden Verengung des Gesichtsfeldes («Röhrenblick» oder «Tunnelblick»), vermindertem Kontrastsehen und Farb-Wahrnehmungsstörungen, manchmal auch Augenzittern (Nystagmus).

Ausfall im peripheren Gesichtsfeld
Nachtblindheit

Der Verlauf der RP lässt sich nicht voraussagen. Sie kann lange stabil bleiben, allmählich, aber stetig fortschreiten oder sich schnell verschlechtern.


Vererbung der RP

Fast alle menschlichen Zellen enthalten zwei Genkopien, je eine von jedem Elternteil. In diese Gene eingeschrieben sind die Anleitungen für diverse Zellfunktionen. Ist ein Gen verändert (mutiert), ist die entsprechende Anleitung fehlerhaft.

Bei der RP unterscheidet man zwischen:

Liegt keine Vererbung vor, spricht man von einer spontanen Mutationen (etwa 50% der Fälle). Eine Genmutation kann sich unterschiedlich auswirken. Das bedeutet, dass selbst Geschwister mit demselben nachgewiesenen Gendefekt zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Ausprägung erkranken können.

Für bestimmte Genmutationen werden heute Gentherapien erforscht und angewandt, welche gesunde Genkopien in die Netzhaut einbringen, um die fehlerhafte Anleitung des erkrankten Gens zu ersetzen.

Meist ist bei Retinitis pigmentosa nur das Sehen betroffen. Tritt sie in Verbindung mit anderen Störungen auf, spricht man von «syndromaler» RP (so z.B. beim Usher-Syndrom).

Genanalyse

Als Ursache für Retinitis pigmentosa wurden bereits über 100 veränderte Gene beschrieben und es werden laufend neue Mutationen entdeckt. Sie unterscheiden sich in Bezug auf Vererbung, Verlauf, Prognose und Behandlungsmöglichkeiten.

Folgende Gründe sprechen für eine Genanalyse:

  • Die augenärztliche Diagnose ist nur durch eine Genanalyse definitiv zu bestätigen.
  • Die Genanalyse kann zur Klärung des Vererbungsweges beitragen.
  • Der weitere Krankheitsverlauf ist besser einschätzbar.
  • Es gibt Studien, die Therapiemöglichkeiten für bestimmte Genmutationen prüfen. Für die Teilnahme an einer dieser Studien muss die vorliegende Mutation bekannt sein.
  • Je mehr genetische Informationen von Patient*innen vorliegen, umso rascher und gezielter kann die Forschung vorangetrieben werden.
  • Betroffene, deren Genmutation bekannt und im Patientenregister eingetragen ist, können kontaktiert werden, sobald eine neue Therapie zur Verfügung steht oder wichtige neue Erkenntnisse vorliegen.
  • Die bereits verfügbaren Gentherapien wirken besser, je mehr Photorezeptoren noch erhalten sind. Eine frühzeitige Genanalyse ist deshalb angebracht.

Die Schweizer Krankenversicherer sind bei Netzhautdegenerationen aufgrund Artikel 25 KVG zur Kostenübernahme einer Genanalyse verpflichtet. Die Genanalyse kann von der Augenärztin/vom Augenarzt oder von der Patientin/vom Patienten veranlasst werden. Die dafür notwendige Kostengutsprache wird von einer zentralisierten Stelle eingeholt. Die Genanalyse selbst wird von einem grossen Spital oder einem anerkannten Labor vorgenommen. Ebenso wichtig wie die Genanalyse ist die anschliessende Beratung durch eine Fachperson.

Gen-Datenbank

Seit einigen Jahren stehen der internationalen Forschung Gen-Datenbanken in der Schweiz und im Ausland zur Verfügung. Retina Suisse und internationale RP-Vereinigungen haben sich sehr für deren Aufbau eingesetzt. In den Gen-Datenbanken werden Blutproben von Patient*innen mit seltenen Netzhauterkrankungen gesammelt.

Behandlung der RP

Augenärztliche Kontrollen

Regelmässige augenärztliche Kontrollen sind wichtig. Betroffene nehmen Gesichtsfeldeinschränkungen
kaum wahr. Entsprechende Untersuchungen zeigen den Patient*innen auf, wie die Krankheit voranschreitet und ermöglicht ihnen, notwendige Massnahmen zu ergreifen.

Untersuchungen wie Gesichtsfeldmessung, Elektro-Retinographie (ERG), Optische Kohärenz-Tomographie (OCT) und Fundus-Autofluoreszenz erlauben genauere Prognosen, sodass rechtzeitig wichtige Weichen gestellt werden können. Erst auf diesen Grundlagen ist auch eine Genanalyse aussagekräftig.

Behandlungen

Leider lässt sich das Fortschreiten der RP noch nicht stoppen. Aktuell werden aber mehrere Behandlungsansätze erforscht. Erste Erfolge wurden mit diesen Therapien erzielt:

  • Neuroprotektion
  • Gentherapien
  • Transkorneale Elektrostimulation
  • Technische Implantate
  • Optogenetik, photochemische Schalter
  • Stammzelltherapien

Auf der Webseite von Retina Suisse finden Interessierte allgemeine Informationen zum neusten Forschungsstand. Mitglieder von Retina Suisse werden unter anderem über das mehrmals jährlich erscheinende Retina Journal ausführlicher über neue Entwicklungen informiert.

Alternative Therapien

Die Wirksamkeit alternativer Therapien konnte bislang nicht wissenschaftlich belegt werden. Auf unserer Webseite finden Sie zu einzelnen Therapieformen fundierte Stellungnahmen des wissenschaftlich-medizinischen Beirats von Retina Suisse.

Beratung und Information

Die medizinische Betreuung ist wichtig, aber mindestens ebenso bedeutsam und hilfreich sind gute Informationen und die persönliche Beratung. Mit den Fachpersonen in den Beratungsstellen können Betroffene ihre Bedürfnisse klären und gemeinsam Möglichkeiten besprechen. Je nach Lebensphase können dies Fragen rund um Ausbildung, Berufswahl, Familienplanung, Arbeitsplatz-Sicherung, Sozialversicherungen (IV / AHV), Finanzen, Selbstständigkeit, Mobilität und mehr sein.

Auch der Austausch mit anderen Betroffenen (z.B. in Gesprächsgruppen) ist wertvoll. Die Beratungsstellen können zudem über Angebote, auch im Bereich von Sport und Kultur, informieren.

Hilfsmittel

Eine grosse Auswahl an Hilfsmitteln sorgt dafür, das Beste aus dem vorhandenen Sehvermögen herauszuholen. In Low Vision-Beratungen lernen Betroffene Möglichkeiten kennen, die den Alltag erleichtern. Dies sind Hilfsmittel wie Kantenfilter-Brillen gegen Blendung, Vergrösserungshilfen, Leuchtlupen, «sprechende» Geräte oder Software mit Sprachausgabe, und vieles mehr.

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