Ich bin Josephine, die neue Koordinatorin von Retina Suisse Youth

Josephine Hayley-Barker, Koordinatorin Retina Suisse Youth

Josephine im Skianzug mit Wanderstöcken und ihrem Führhund Quinto im Schnee.
Josephine mit ihrem Führhund Quinto

Hallo zusammen, mein Name ist Josephine Hayley-Barker, ich bin 24 Jahre alt und lebe von Geburt an mit einer Retinitis pigmentosa. Ich bin schon seit einigen Jahren Mitglied von Retina Suisse Youth – und habe nun die Ehre, die Leitung dieser Gruppe zu übernehmen.

Zurzeit studiere ich an der ZHAW in Winterthur angewandtes Recht. Das Knobeln an Fällen bereitet mir Freude, ebenso das Lernen. Durch das Studium lerne ich die Funktionen unseres Rechtssystems kennen und erkenne, wo dieses noch Lücken für Menschen mit Behinderungen aufweist.

An meiner Seite ist Quiro mein wundervoller Blindenführhund. Dank seiner Hilfe verliere ich in der grossen Menschenmenge an der Fachhochschule nicht die Orientierung und kollidiere nicht mit den vielen Mitstudentinnen und -studenten. Quiro und ich sind schon seit zwei Jahren ein Team und er führt mich immer gewissenhaft ins richtige Unterrichtszimmer.

In meiner Freizeit unternehme ich mit meinem Hund lange Spaziergänge im Wald, besuche die Kreativgruppe des SBV und beteilige mich an den Treffen von Retina Suisse Youth.

Der Verlust meines Sehvermögens erschwerte mir die schulische Ausbildung. Und meine erste Lehrstelle musste ich abbrechen, um an der schweizerischen Fachstelle SIBU eine technische Grundausbildung für Sehbehinderte zu absolvieren. Anschliessend habe ich meine kaufmännische Ausbildung in einem geschützten Rahmen abgeschlossen. Dies aufgrund anfänglicher mangelnder Aufklärung an der ersten Arbeitsstelle.

Ich wurde mit vielen diversen Formen von Einschränkungen konfrontiert. Während meiner kaufmännischen Ausbildung habe ich einen sehr grossen Teil meines Sehvermögens verloren und musste auf eine komplette non-visuelle Arbeits- und Lebensweise umstellen.

Der Weg war nicht einfach, aber inzwischen habe ich gelernt, dass das Leben nicht aufhört. Und dass durch die Akzeptanz der Hilfsmittel und kompensatorischen Arbeitstechniken vieles möglich ist. Heute vertrete ich den Standpunkt, dass nicht die Sehbehinderung mein Problem ist, sondern der allgemeine Umgang mit sehbehinderten Menschen.

Genau aus diesem Grund habe ich ein Herz für Personen mit Sehbehinderungen. Ich möchte sie ermutigen und ihnen zeigen, dass das Leben weitergeht. Ist es einfach? Nein. Gibt es Herausforderungen und schwierige Momente? Ja – und diese wird es immer geben. Aber es ist trotz der Einschränkungen möglich, ein selbständiges Leben zu führen.

Vor allem in der Anfangsphase droht man schnell die Hoffnung zu verlieren. Doch ich bin der Überzeugung, dass durch die Teilnahme an Treffen mit Betroffenen die Zuversicht wiederkommt. Und ich hoffe auf eine junge Generation, die sich nicht dafür schämt, dass sie nicht der Norm entspricht. Denn auch wir junge Sehbehinderte sind fähige Menschen. Trotz allen Herausforderungen und Rückschlägen, die sich durch eine Diagnose ergeben, sind wir in der Lage, unser Leben selbständig und nach eigenem Willen zu gestalten.

Meine Vision für Retina Suisse Youth ist, dass wir weiterhin unsere gemeinsamen Treffen nutzen, um die Gemeinschaftlichkeit und Freundschaften zu pflegen. Diese Treffen sollen Raum bieten für Diskussionen sowie für das Teilen von Erfahrungen und Herausforderungen.

Ausserdem wollen wir jungen Sehbehinderten auch gemeinsam neue Sachen ausprobieren. Zum Beispiel den Besuch eines Museums oder barrierefreien Sport. Und dies immer im Wissen, dass wir genauso würdig und wertvoll sind, wie alle anderen auf dieser Welt.

Quelle: Retina Journal Nr. 154/2024

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