Auch dieses Jahr hat Retina Suisse zusammen mit der Stiftung Pro Retina Deutschland zur Verhütung von Blindheit sowie Pro Retina Deutschland zwei in der Schweiz forschende Ophthalmolog*innen ausgezeichnet.
Der grundlagenwissenschaftliche Forschungspreis 2024 geht an Dr. Olivier Mercey PhD von der Universität Genf, der klinische Forschungspreis an PD Dr. Kristina Pfau vom Universitätsspital Basel.
Für Patient*innen mit Leber‘scher kongenitaler Amaurose relevant
Gentherapie und das Überleben von Sehzellen – in diesem Bereich ist die prämierte Studie anzusiedeln, an welcher Dr. Olivier Mercey PhD entscheidend mitgewirkt hat. Der Titel der 2023 veröffentlichten Arbeit mehrerer ophthalmologischer Forschender lautet: «Gene augmentation of LCA5-associated Leber congenital amaurosis ameliorates bulge region defects of the photoreceptor ciliary axoneme».
An der Universität Genf hat Dr. Mercey eine hochauflösende Mikroskopietechnik (die sog. Expansion Microscopy) für die Netzhaut entwickelt und etabliert. Diese setzte er sehr effektiv für Studien zum Aufbau von Sehzellen ein. Dank besagter Methode konnte er die Architektur des Ziliums in den Sehzellen detaillierter beschreiben und die intrazelluläre Position beispielsweise von Lebercillin bestimmen.
Dr. Mercey zeigte, dass das Fehlen von Lebercillin im Tiermodell zu Problemen bei der Neubildung jener intrazellulären Membranstrukturen führt, die für den Einbau des lichtsensitiven Sehpigments unerlässlich sind. Die gentherapeutische Einbringung des Gens «LCA5», welches für Lebercillin kodiert, korrigierte die Ziliumarchitektur und sicherte dadurch das Überleben der Sehzellen.
Die präsentierten Daten sind nicht nur für das bessere Verständnis der Sehzellarchitektur überaus wertvoll, sondern auch für Patienten mit Leber‘scher kongenitaler Amaurose (Typ 5) relevant. Die von Dr. Mercey und seinem Team gewonnenen Erkenntnisse bringen eine Gentherapie für diese Patienten einen Schritt näher an die Klinik und helfen, die Wirksamkeit einer solchen Therapie gezielt zu bestimmen.
Prämierte Arbeit von Dr. Olivier Mercey PhD:
Gene augmentation of LCA5-associated Leber congenital amaurosis ameliorates bulge region defects of the photoreceptor ciliary axoneme.
Siebren Faber, Olivier Mercey, Katrin Junger, Alejandro Garanto, Helen May-Simera, Marius Ueffing, Rob W.J. Collin, Karsten Boldt, Paul Guichard, Virginie Hamel and Ronald Roepman. JCI insight. (2023) 8(10):e169162. Doi: 10.1172/jci.insight.169162.
Die frühe Krankheitsprogression von PXE und AMD
Für fünf zusammenhängende Originalarbeiten hat PD Dr. Kristina Pfau, die gegenwärtig am Universitätsspital Basel forscht, den klinischen Forschungspreis 2024 erhalten. Die Arbeiten tragen essenziell zum Verständnis der frühen Krankheitsprogression von Pseudoxanthoma elasticum (PXE) und der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) bei. Alle Studien stammen aus der der Tätigkeit von Dr. Pfau an der Universitäts-Augenklinik Bonn in Deutschland.
Die übergreifende Thematik von Pfaus Arbeiten ist die Entwicklung und Validierung von funktionellen Endpunkten. Bei PXE handelt es sich um eine seltene genetische Erkrankung, die neben Gefäss- und Hautveränderungen zu einer Kalzifikation der Bruch-Membran im Auge führt. Eine wesentliche Herausforderung von Therapiestudien in diesem Bereich ist, dass die eigentliche Krankheitsprogression nicht anhand konventioneller Parameter wie der best-korrigierten Sehschärfe (BCVA) beurteilt werden kann.
Die gleiche Herausforderung besteht parallel für die frühe und intermediäre AMD. In ihrer fünften Arbeit untersuchte Dr. Pfau prospektiv eine Gabe von Retinol auf die Sehfunktion bei intermediärer AMD. Hier zeigte sich eine Verbesserung, jedoch nur bei Patienten ohne retikuläre Pseudodrusen (Subretinal Drusenoid Deposits, SDDs). Daraus kann gefolgert werden, dass auch bei der AMD eine verminderte Durchlässigkeit der Bruch’schen Membran eine wichtige Rolle für die Dysfunktion spielt.
Prämierte Arbeiten von PD Dr. Kristina Pfau (ihre Autorinnenbezeichnungen: «Pfau K» sowie «Hess K») samt Nennung aller beteiligter Forschender:
1. Impaired dark adaptation associated with a diseased Bruch membrane in pseudoxanthoma elasticum. Hess K, Gliem M, Birtel J, Müller P, Hendig D, Andrews C, Murray IJ, Holz FG, Charbel Issa P. – Retina. 2020 Oct;40(10):1988-1995
2. Mesopic and Scotopic Light Sensitivity and Its Microstructural Correlates in Pseudoxanthoma Elasticum. Hess K, Gliem M, Charbel Issa P, Birtel J, Müller PL, von der Emde L, Herrmann P, Holz FG, Pfau M. – JAMA Ophthalmol. 2020 Dec 1;138(12):1272-1279.
3. Inner retinal degeneration associated with optic nerve head drusen in pseudoxanthoma elasticum. Hess K, Raming K, Charbel Issa P, Herrmann P, Holz FG, Pfau M. – Br J Ophthalmol. 2023 Apr;107(4):570-575.
4. Choriocapillaris Flow Signal Impairment in Patients With Pseudoxanthoma Elasticum. Loewinger AS, Pfau M, Herrmann P, Holz FG, Pfau K. – Invest Ophthalmol Vis Sci. 2023 Feb 1;64(2):21.
5. Low-dose Supplementation with Retinol improves Retinal Function in Eyes with Age-Related Macular Degeneration but without Reticular Pseudodrusen. Pfau K, Jeffrey BG, Cukras CA. – Retina. 2023 Sep 1;43(9):1462-1471.