Augen im Fokus!

Retina Suisse hat kürzlich eine thematisch breit gefasste Veranstaltung zu Netzhauterkrankungen in St. Gallen durchgeführt – hier die Zusammenfassung.

Bei wunderbarem Olma-Wetter fanden am 18. Oktober 2025 rund 120 Personen den Weg in den frisch renovierten Hörsaal des Kantonsspitals St. Gallen. Sie alle wollten sich über neue Entwicklungen bei der Suche nach Therapien für die Altersbedingte Makuladegeneration (AMD), Retinitis pigmentosa (RP) und Makuladystrophien wie Morbus Stargardt informieren.

Professor Andreas Ebneter, leitender Augenarzt am Kantonsspital St. Gallen (HOCH Health Ostschweiz), informierte die Teilnehmenden über die Ursachen von AMD sowie die Behandlungsmöglichkeiten dieser häufigsten Sehbehinderung im Alter.

Ebneter betonte, dass zwar einige Ursachen, wie z.B. das Alter, nicht beeinflusst werden könnten, andere hingegen sehr wohl. So empfahl er auf den Konsum von Nikotin in jeder Form zu verzichten. Ausgewogene Ernährung hingegen – Ebneter sprach von Mittelmeerdiät – sei positiv und könne den Verlauf der Krankheit verlangsamen.

Die psychische Belastung einer Netzhautkrankheit bewältigen

Eduard Ritter, Low Vision Spezialist der Obvita Sehberatung für Erwachsene in St. Gallen, sprach eindrücklich von der psychischen Belastung der von einer Netzhautkrankheit betroffenen Personen.

Er empfahl, in einer persönlichen Beratung über diese psychische Herausforderung zu sprechen. Dann sei es auch möglich, die verschiedenen Hilfsmittel auszuprobieren und das für jede Person passende zu finden. Ziel einer jeden Beratung sei es, die Lebensqualität der Klient*innen zu erhalten oder zurückzugewinnen.

Prof. Margarita Todorova, ebenfalls leitende Augenärztin am HOCH Health Ostschweiz, beschrieb eindrücklich die Auswirkungen von Grauem Star auf die Sehfähigkeit und Diagnostik. Zusammen mit Prof. Ebneter beschrieb sie die Operation sowie die Vor- und Nachteile verschiedener Kunstlinsen.

Visuelle Halluzinationen zu haben ist keine Krankheit

Den Abschluss des Vormittages machte der Stephan Hüsler, Geschäftsleiter von Retina Suisse, zusammen mit einem Mitglied der AMD-Gesprächsgruppe Chur. Beide diskutierten die Auswirkungen des Charles Bonnet-Syndroms (CBS) auf das tägliche Leben. Humorvoll berichteten beide, was ihnen der visuelle Cortex manchmal als visuelle Halluzination vorgaukelt.

Ursache für dieses Phänomen ist die fehlende Information vom Auge her. Es gibt auch Fälle, bei denen die visuellen Wahrnehmungen durch Medikamente ausgelöst werden. Beide stellten jedoch fest, dass das CBS ein gutes Zeichen ist: Das Gehirn arbeitet, betroffene Personen sind nicht psychisch krank und auch nicht dement!

Nach einer kurzen Mittagspause drehte sich das Nachmittagsprogramm um erbliche Netzhautdystrophien wie Retinitis pigmentosa und Makuladystrophien. Prof. Todorova gab einen Überblick über verschiedene Behandlungsansätze, die zurzeit erforscht werden.

Es gibt neben der bereits zugelassenen Gentherapie für das Gen RPE65 viel mehr Möglichkeiten. Einige Ansätze seien vielversprechend. Eine Prognose über die Zeitspanne bis zur Zulassung der nächsten Therapie sei schwierig, so Todorova.

Erkenntnisse aus der Patientendatenbank und smarte Hilfssysteme

Nahtlos ging es weiter mit dem Vortrag von Prof. Pascal Escher, Leiter der Forschungsgruppe Ophthalmogenetik am Inselspital. Die beiden Spitäler verbindet bei der molekularen Diagnostik eine langjährige Zusammenarbeit. Prof. Escher berichtete auch über erste Erkenntnisse, die durch den Aufbau einer Patientendatenbank, dem Retina Suisse Patientenregister, am Inselspital gewonnen wurden. Seine Forschungsgruppe arbeitet jetzt an der Entwicklung von Therapien an fünf der in der Schweiz entstandenen Genvarianten.

Sandro Lüthi, Geschäftsführer der Apfelschule, zeigte den interessierten Zuhörer*innen die vielfältigen Möglichkeiten smarter Geräte. Die Apfelschule unterrichtet mit sehbehinderten und blinden Lehrpersonen andere sehbehinderte und blinde Kursteilnehmende im Gebrauch dieser Geräte. Dank der in den Geräten vorhandenen Assistenz-Systeme können sogar blinde Personen mit den smarten Geräten umgehen. Dadurch wird ihr Alltag wesentlich erleichtert.

Die Möglichkeiten der IV nutzen

Last but not least sprach Stephan Hüsler über die Möglichkeiten der Invalidenversicherung (IV) für sehbehinderte und blinde Arbeitnehmende. Für die IV ist Blindheit oder Sehbehinderung allein kein Grund für eine Rente. Zuerst werden alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft.

Eine Möglichkeit sind die sogenannten «Dienstleistungen Dritter anstelle eines Hilfsmittels». Dank dieser finanziellen Entschädigung von Hilfeleistungen können viele blinde oder sehbehinderte Personen ihrer Arbeit nachgehen. Dabei können die Leistungen entweder privat durch die sehbehinderte Person oder auch durch den Arbeitgeber direkt abgerechnet werden. Der jährliche Maximalbetrag, der damit in Anspruch genommen werden kann, beträgt aktuell 22’680 CHF.

Weitere Events von Retina Suisse

Glücklich und zufrieden dankte Event-Organisator Hüsler den Referent*innen, dem Personal des HOCH für die Möglichkeit zur Durchführung dieser Tagung, die nebst vielfältiger Information auch zu zahlreichen persönlichen Begegnungen führte.

Zudem wies Hüsler auf die Informationsveranstaltung vom 14.11.2025 zum Diabetes im Auge am Zürcher Stadtspital Triemli und auf das Webinar über die genetische Landkarte der Schweiz vom 26.11.2025 hin.

Dies wird dann die letzte Veranstaltung sein, die Stephan Hüsler verantwortet. Ab Dezember dieses Jahres wird Susanne Trudel die Geschäftsleitung übernehmen.

Stephan Hüsler bedankte sich bei den Teilnehmenden für das Vertrauen und die grosse Unterstützung der Mitglieder. Und ganz zum Schluss hielt er fest: «Als Menschen mit seltenen Krankheiten sind wir nur sichtbar, wenn wir uns bei Retina Suisse zusammenschliessen. Wir alle wollen, dass es möglichst bald für unsere Augenkrankheiten eine Therapie gibt. Mit Veranstaltungen wie jener in St. Gallen zeigen wir den Forschenden unser Interesse.» (HS, Oktober 2025)