Wenn die Sonne im Sommer am höchsten steht, schadet sie dem Auge weniger?

Laut einer japanischen Studie ist die UV-Belastung für die Augen im Sommerhalbjahr morgens und nachmittags stärker als über Mittag.

Peter Jankovsky, Kommunikation Retina Suisse, peter.jankovsky@retina.ch

Wie lautet die alte Faustregel, wenn Sommer und Hitze herrschen? Zwischen 11 und 16 Uhr nicht hinausgehen und sich lieber an geschützten, kühlen Orten aufhalten. Diese Empfehlung ist sinnvoll, um einen Sonnenbrand, Sonnenstich oder Hitzeschlag zu vermeiden. Man kann besagte Regel auch anders formulieren: Morgens und am späten Nachmittag schaden die Ultraviolettstrahlen der Sonne der Haut und generell dem Körper weniger als dann, wenn die Sonne am höchsten steht.

Gilt diese Erkenntnis auch für die Augen? Laut der Studie einer vom japanischen Augenarzt Hiroshi Sasaki geleiteten Forschergruppe (publiziert 2007/2011, zu finden in der amerikanischen National Library of Medicine) stellt sich die Situation komplizierter dar. Die Forscher kamen nämlich zu folgendem Schluss: In den Sommermonaten inklusive September ist die Belastung der Augen mit UV-Strahlung (und vor allem mit der starken UV-Licht-Komponente UV-B) zwischen 8 bis 10 Uhr sowie von 14 bis 16 Uhr fast doppelt so hoch als um die Mittagszeit. Dies trotz der Tatsache, dass die Gesamtmenge der UV-Strahlung besonders morgens eher gering ist.

Augen auch vor 10 Uhr sowie nach 14 Uhr gut schützen

Während der Tests in den Sommermonaten mass die japanische Forschergruppe die Spitzenwerte der UV-Belastung für die Augen gegen 9 Uhr morgens sowie zwischen 14 und 15 Uhr am Nachmittag. Der eigentliche Peak wurde am 21. September erreicht, also ungefähr zur Tagundnachtgleiche (einer der beiden Zeitpunkte im Jahr, an dem die Sonne den Äquator überschreitet und Tag und Nacht etwa gleich lang sind).

Nun betrug aber die gemessene UV-Dosis für die Augen während der vier Stunden zwischen 10 und 14 Uhr nur knapp die Hälfte der Belastungsspitzen am Morgen und am Nachmittag. «Bisher sind wir davon ausgegangen, dass das durch UV-Strahlen hervorgerufene Gesundheitsrisiko für die Augen um die Tagesmitte am grössten ist, also zwischen 10 und 14 Uhr. Unsere Studie macht jedoch deutlich, dass von Frühjahr bis Herbst, wenn die Tage länger sind, die maximale UV-Dosierung tatsächlich am Vormittag sowie am Nachmittag erreicht wird», erklärte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie Prof. Dr. Hiroshi Sasaki, Leiter der japanischen Forschungsgruppe sowie des Department of Ophthalmology der medizinischen Universität Kanazawa.

Deswegen empfiehlt in der Schweiz zum Beispiel die Ophthalmologische Klinik der Hôpitaux Universitaires Genève (HUG), die externe Exposition der Augen vor 10 Uhr und nach 14 Uhr einschränken (siehe dazu weiter unten die Liste der Schutzmassnahmen gegen UV-Strahlung).

Im Winterhalbjahr kehrt sich die Situation um

Aus Sasakis Statement geht klar hervor: Die Ergebnisse dieser Tests gelten für das Sommerhalbjahr. Im Winterhalbjahr jedoch kehrt sich die Situation um, wie die japanischen Forscher um Sasaki feststellten. Denn als im Herbst und mit Beginn des Winters der Winkel der Sonneneinstrahlung abnahm, mass Sasakis Team die maximal schädlichen UV-Werte für die Augen um die Mittagszeit. Am 21. November trat einer der höchsten Strahlungswerte gegen 12 Uhr auf.

Damit legen Ergebnisse der japanischen Studie eine Anpassung beim Schutz der Augen nahe. Man sollte sich nicht nur im Sommer konsequent den ganzen Tag über, sondern gleich das ganze Jahr über ausreichend gegen UV-Strahlung wappnen.

Kritik an der japanischen Studie

Einige kritische Stimmen in der Schweiz merken bezüglich der japanischen Studie an, es handle sich um eine unklare Vermischung von natürlicher UV-Strahlung und natürlichem Blaulicht. Ausserdem suggeriere die Studie, man müsste sich um die Mittagszeit herum weniger sorgfältig schützen. Auch fehle eine Liste mit genauen Anweisungen, was konkret zu tun sei. Und die Kritiker halten fest: Wer den ganzen Tag über eine vernünftige Brille trage, sei gegen die UV-Strahlung ausreichend geschützt.

Zudem sei eine Brille ein guter Schutz gegen Unfälle. Denn nicht nur sehbehinderte Personen würden mit dem Risiko leben, immer wieder in Sträucher hineinzulaufen, die ihre feinen Ästchen ins Auge stechen oder über die Hornhaut streichen lassen könnten. In solchen Situationen komme es schnell zu Verletzungen. Daher sei auch der Eifer gewisser Augenpraxen, mit Laserung die Brille scheinbar unnötig zu machen, etwas zu bremsen.

Liste der Schutzmassnahmen gegen UV-Strahlung (gemäss der Ophthalmologischen Klinik der Hôpitaux Universitaires Genève, HUG)

  • Sonnenbrille mit UV-Filter-Beschichtung
  • Korrekturgläser mit UV-Filter-Beschichtung
  • Hut mit breitem Rand
  • Skibrille
  • Hydrogel-Kontaktlinsen mit UV-Filter
  • Formstabile, gasdurchlässige Kontaktlinsen
  • Sonnencrème mit LSF > 15
  • Externe Exposition vor 10 Uhr und nach 14 Uhr einschränken (sic!)
  • Zeit in Umgebungen mit hoher UV-Intensität einschränken

Dieser Artikel stellt eine Ergänzung dar zum Beitrag «Achtung, Sonne: UV-Strahlung kann die Augen schädigen», der im Retina Journal 154 erschienen und auch auf der Website von Retina Suisse zu finden ist.

Der vorliegende Beitrag entstand unter Beizug folgender Quellen:

National Library of Medicine: Sasaki H, Sakamoto Y, Schnider C, et al. UV-B exposure to the eye depending on solar altitude. Eye Contact Lens. 2011;37(4):191–195. [PubMed] [Google Scholar] [Ref list] (mit Bezug auf Sasaki H. UV exposure to eyes greater in morning, late afternoon. Proc. 111th Ann. Meeting Japanese Ophthalmologic Soc., Osaka, Japan, April, 2007)

Hôpitaux Universitaires Genève (HUG) via krebsliga.ch

jnjvisioncare.de

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