Menschen mit seltenen Krankheiten in einer Datenbank zu erfassen ist nicht nur für die Forschung sinnvoll. So können zum Beispiel im Bereich erblich bedingter Augenpathologien die Betroffenen rasch informiert werden: über neue Genanalysen, neue klinische Studien und neue Therapiemöglichkeiten.
Als selten gilt eine Krankheit, wenn von 10’000 Personen weniger als fünf an ihr leiden. Die Nachteile liegen auf der Hand: Weil es relativ wenig Betroffene gibt, stehen entsprechend knappe Ressourcen für die Erforschung und Therapierung solcher Krankheiten zur Verfügung.
Allein im Hinblick auf die Augen gibt es über 900 Pathologien. Von diesen treten die meisten selten bis sehr selten auf – und es sind überwiegend solche, die eine genetische Ursache haben und in der Regel die Netzhaut betreffen.
Als Verursacher von Retina-Erkrankungen sind aktuell sind über 350 Gene bekannt. Leider verkompliziert sich die Sache zusätzlich: Verschiedene Gene können verantwortlich sein für ein und dieselbe Pathologie (dies wird als Genotyp bezeichnet), und ein einzelnes Gen wiederum kann unterschiedliche Erkrankungen hervorrufen (Phänotyp).
Diagnose und Genanalyse hängen eng zusammen
Die Situation im Bereich der Netzhautkrankheiten wird also schnell komplex. Deshalb braucht es für die Forschung wie auch für die abschliessende Patienten-Diagnose meist eine Gen-Untersuchung. Hierbei ist es von grossem Nutzen, sich auf eine Datenbank stützen zu können, um die Diagnose weiter zu sichern. Denn jede bereits gewonnene Erkenntnis, und mag sie noch so geringfügig sein, kann zur Verbesserung von Diagnoseverfahren und auch möglicher Therapien beitragen.
Ein Beispiel: Die Diagnose «Retinitis pigmentosa» bezeichnet eine ganze Gruppe erblicher Netzhautdegenerationen. Damit kann aber noch nichts über den Verlauf oder die Vererbung ausgesagt werden – dafür braucht es eben eine Genanalyse. Dank neuester Technik ist es möglich, die meisten Genveränderungen zu diagnostizieren, und dies umso besser, je besser verknüpft einzelne Datensammlungen sind. Dann können die betroffenen Personen eine möglichst exakte Diagnose ihrer Krankheit erhalten.
Seit 2018 Aufbau einer Datenbank
Aus diesen Gründen unterstützt Retina Suisse seit 2018 den Aufbau einer Patientendatenbank am Inselspital Bern. Hier sollen alle genetischen Befunde von Menschen mit seltenen Augenkrankheiten gesammelt werden. Aktuell sind bereits um die 1600 Fallbeschreibungen in der Datenbank gespeichert.
Das Register soll die in der ganzen Schweiz vorkommenden, seltenen Augenkrankheiten erfassen. Insbesondere sollen Daten über die Art und Häufigkeit von Netzhautdystrophien, aber auch anderer Krankheiten des Auges gesammelt werden.
Bis heute wurde nirgends zentral erfasst, wie viele Personen an einer bestimmten Krankheit bzw. der sie auslösenden Genmutation erkrankt sind. Die nun erfolgende Datenbündelung soll Forschenden Anreiz bieten, in der Schweiz Studien durchzuführen.
Teilnahme an klinischen Studien und neuen Therapien
Doch das Patientenregister soll auch direkt den Betroffenen selbst helfen. Sobald Retina Suisse zum Beispiel von einer geplanten klinischen Studie Kenntnis erhält, kann sie künftig die im Register erfassten Personen direkt informieren, damit diese teilnehmen können. Dasselbe gilt natürlich auch für den Fall, wenn neue Therapien für die entsprechende Krankheit entwickelt und Testpersonen gesucht werden.
Weiter ist geplant, die Datenbank von Retina Suisse in das Schweizer Register für seltene Krankheiten (SRSK) zu integrieren. Dieses befindet sich zurzeit im Aufbau und soll am Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) des Inselspitals Bern angesiedelt werden.
Weitere Informationen zum Patientenregister von Retina Suisse:
retina.ch/patientenregister
Sie können uns auch anrufen oder uns schreiben:
Stephan Hüsler, Geschäftsleiter Retina Suisse: 044 444 10 72, stephan.huesler@retina.ch
Peter Jankovsky, Kommunikationsbeauftragter: 044 444 10 79 oder 076 334 90 82, peter.jankovsky@retina.ch
Retina Suisse ist die einzige Patientenorganisation von Menschen mit Netzhautdegenerationen und anderen Krankheiten des Augenhintergrundes in der Schweiz. Der gemeinnützige Verein wurde 1979 gegründet und hat rund 1600 Mitglieder in der ganzen Schweiz.