Wenn es plötzlich Nacht auf einem Auge wird

Bluthochdruck kann die Gefässe schädigen – auch jene in den Augen. Mit welchen Sehstörungen sich ein Gefässverschluss bemerkbar macht, was bei einem Schlaganfall im Auge zu tun ist und wie man Durchblutungsstörungen rechtzeitig erkennt, erfahren Sie hier.

Ein hoher Blutdruck greift nicht nur die Gefässe am Herzen oder in den Beinen an, sondern schädigt auch Arterien und Venen in den Augen. Und mitunter stellen Augenärzt*innen Bluthochdruck fest, noch bevor Betroffene davon wissen.

«Dafür genügt eine einfache Untersuchung des Augenhintergrundes mit Spaltlampe und Lupe», erklärt Prof. Dr. Sandra Liakopoulos, die an der Universitätsaugenklinik in Frankfurt am Main tätig ist und das Zentrum Bildanalyse für klinische Studien an der Universitätsklinik Köln leitet. «Liegt ein Bluthochdruck vor, erscheinen die Gefäße der Netzhaut enger, rigider, sie verhärten sich», erläutert die Expertin.

Sehsturz kann zur Erblindung führen

Auch wenn zunächst keine Schmerzen in den Augen zu spüren sind, muss der Bluthochdruck behandelt werden. Sonst drohen Veränderungen an den Augengefässen, der Netzhaut oder dem Sehnerv. In fortgeschritteneren Fällen sogar Blutungen und Infarkte: «Ein solcher Sehsturz, bei dem ein Blutgerinnsel ein Augengefäss verschließt, ist besonders bedrohlich und immer ein Notfall», betont Liakopoulos.

Denn der Gefässverschluss unterbreche die Sauerstoffversorgung der Netzhaut, was zum Absterben von Sehzellen und damit zur Erblindung führen könne. Während Verschlüsse von Arterien im Auge selten seien, würden Venenverschlüsse sehr viel häufiger auftreten.

Dabei treten unterschiedliche Symptome auf. «Bei einem Venenverschluss sieht der Betroffene auf einem Auge zunehmend verschwommen, oft wie durch einen grauen Schleier», erklärt die Expertin.

Der arterielle Verschluss macht sich dagegen schlagartig bemerkbar. «Dann wird es auf einem Auge von einem Moment auf den anderen schwarz, oft legt sich ein Schatten auf das gesamte Blickfeld», so Liakopoulos. Unbehandelt führt ein arteriell bedingter Augeninfarkt in rund 95 Prozent der Fälle zu einem schweren und dauerhaften Sehverlust im betroffenen Auge.

Infarkt am Auge: Risiko für Hirninfarkt

Wer plötzlich auf einem Auge nichts mehr sieht, sollte deshalb sofort ein Krankenhaus aufsuchen, das über eine Augenklinik und eine Neurologie-Abteilung verfügt. «Dieses Symptom muss man sehr ernst nehmen, weil ein Infarkt am Auge das Risiko für einen nachfolgenden Hirninfarkt um das 15-fache erhöht», betont Liakopoulos.

Ärzt*innen untersuchen deshalb Halsschlagadern und Herz. Und sie überprüfen, ob die Autoimmunerkrankung Riesenzellarteriitis vorliegt. Um das zweite Auge vor einem Infarkt zu schützen oder gar einen Hirn- oder Herzinfarkt zu verhindern, wird ausserdem die tägliche Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten verordnet.

Lysetherapie am Auge wird erprobt

Auch wenn bei einem arteriellen Verschluss die Sehkraft meist unwiederbringlich verloren geht, kann in den ersten 4,5 Stunden eine sogenannte Lysetherapie erwogen werden. Bei dieser versucht man, den Blutfluss im betroffenen Gefäss wieder herzustellen und etwas Sehkraft zu retten.

«Wie gut das intravenös verabreichte Lyse-Medikament auf das Blutgerinnsel im Auge wirkt, wird derzeit in einer großen Studie mit 30 Zentren in ganz Deutschland untersucht», erklärt die Ophthalmologin Liakopoulos.

Injektionen und Laser

Kommt es zum Verschluss eines venösen Gefässes am Auge, ist ebenfalls Dringlichkeit angezeigt. Wer auf einem Auge zunehmend verschwommen sieht, sollte unverzüglich eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen.

Ist tatsächlich eine Vene verstopft, stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, um die Sehkraft wieder zu verbessern. Hat sich etwa Wasser in der Makula eingelagert, dem zentralen Punkt für die Sehschärfe, können Anti-VEGF-Injektionen die undichten Gefässe wieder verschließen. Ein Lasereingriff kann erforderlich werden, um zu vermeiden, dass sich in nicht durchbluteten Netzhautarealen neue, schädliche Gefässe bilden.

Risikofaktoren meiden

Wer sein Augenlicht schützen will, ist daher gut beraten, Risikofaktoren für Gefässverschlüsse zu minimieren. «Dazu zählen Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes mellitus, die gut behandelt sein sollten», sagt Expertin Liakopoulos.

Auch der Lebensstil trägt dazu bei, Infarkte und Thrombosen zu vermeiden. Rauchen, regelmässiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährungsweise, mangelnde Bewegung und ungenügende Flüssigkeitszufuhr begünstigen Gefässverschlüsse. Menschen mit Risikofaktoren sollten den Augenhintergrund mindestens alle zwei Jahre untersuchen lassen.

Bluthochdruck, Geschlecht, Alter – was KI alles erkennt

Künstliche Intelligenz (KI) bietet punkto Bluthochdruck und Augenschädigung grosse Chancen auf Prävention. «Es ist faszinierend, was die KI an einer Aufnahme des Augenhintergrunds alles errechnen kann“, sagt Liakopoulos.

Nicht nur Gefässveränderungen, Bluthochdruck und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen würden von den Algorithmen erkannt. Die KI könne sogar das Geschlecht mit einer Zuverlässigkeit von 97 Prozent und das Lebensalter auf drei Jahre genau bestimmen. In Zukunft werde daher KI beim Screening allgemeiner Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen.

Quelle

Eyefox

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