Usher-Syndrom und nicht-syndromale RP infolge Veränderungen im USH2A-Gen: ermutigende Studienergebnisse

24.06.2021

Am 24. März 2021 gab das niederländische Biotechunternehmen ProQR die Ergebnisse einer Phase I/II-Studie (STELLAR-Studie) zur Behandlung von Patient*innen mit Usher-Syndrom respektive nicht-syndromaler Retinitis pigmentosa bekannt. Laut Schätzungen leben weltweit etwa 16’000 Personen mit Mutationen in einem bestimmten Bereich (Exon 13) des USH2A-Gens. Das in der Studie erprobte RNA-Medikament QR-421a wurde durch eine Injektion in den Glaskörper verabreicht. Damit sollte das vom Gen USH2A codierte Protein Usherin wiederhergestellt werden. Das Medikament bindet an den veränderten RNA-Abschnitt im Exon 13 und überspringt es (Exon-Skipping). Obwohl der durch das defekte Exon 13 codierte Abschnitt fehlt, entsteht dadurch ein verkürztes, funktionierendes Protein. In der 24 Monate dauernden Studie wurden 20 Patient*innen aufgenommen. Vierzehn erhielten drei verschiedene Dosen des Medikaments und 6 ein Placebo. Nach einer einmaligen Injektion des Medikaments QR-421a in den Glaskörper konnten Verbesserungen bei Sehschärfe und Gesichtsfeld sowie im OCT (optische Kohärenztomografie) gemessen werden. Positive Ergebnisse zeigten sich sowohl bei Personen mit einer leichten bis mittelschweren Form als auch bei jenen mit einer fortgeschrittenen Form der Erkrankung (Sehschärfe weniger als 70 Buchstaben oder LogMAR 0,3 oder weniger als 20/40 auf der Snellen-Tabelle). Die Sehschärfe verbesserte sich bei Personen im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit im Vergleich zum unbehandelten Auge um 6 Buchstaben. Das Gesichtsfeld zeigte bei Personen mit leichter bis mittelschwerer Erkrankung im Vergleich zum unbehandelten Auge eine Zunahme der Empfindlichkeit. Alle ausgewerteten Medikamentendosierungen zeigten Wirkung. Auf dem OCT wurden Vorteile im ellipsoiden Bereich gefunden, der den Zustand der Fotorezeptoren widerspiegelt. Keine Unterschiede gab es zwischen den Ergebnissen der Personen mit Usher-Syndrom und jenen mit nicht-syndromaler Retinitis pigmentosa. In der Studie wurden von keinen ernsthaften unerwünschten Wirkungen berichtet.

Phase II/III-Studie geplant
Angesichts dieser ermutigenden Ergebnisse plant das Biotechunternehmen ProQR eine Phase II/III-Studie, die voraussichtlich Ende 2021 mit zwei Gruppen erwachsener Patienten mit Mutationen im Exon 13 des Gens USH2A starten sollte: einer Gruppe mit Patienten in einem frühen bis mittleren Stadium und einer zweiten Gruppe mit Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung. Die Studie an Personen mit fortgeschrittener Krankheit wird unter dem Namen «Sirius» durchgeführt. Sie wird 24 Monate dauern und etwa hundert Patienten mit einem Visus von weniger als 20/40 einschliessen. Die Teilnehmer*innen werden in drei Gruppen eingeteilt: Zwei Gruppen erhalten zwei unterschiedliche Dosierungen des Medikaments im Abstand von 6 Monaten und eine Gruppe wird eine Scheinbehandlung erhalten. Als Ergebnis wird die Veränderung der Sehschärfe gemessen. Gleichzeitig startet die Studie «Celeste» mit etwa 100 Erwachsenen in einem frühen bis moderaten Stadium. Die Teilnehmer*innen dieser zweiten Studie, die ebenfalls 24 Monate dauern wird, werden in drei Gruppen eingeteilt: Zwei Gruppen erhalten zwei verschiedene Dosierungen des Medikaments im Abstand von 6 Monaten und eine erhält ein Placebo. Die Ergebnisse werden anhand von Gesichtsfelduntersuchungen beurteilt. Die ermutigenden Ergebnisse der «Stellar- Studie» zeigen, dass RNA-Therapien zu einer Verbesserung der Sehfunktion führen und möglicherweise auch eine Option für die Behandlung von durch weitere Gene verursachte Netzhauterkrankungen sein könnten.

Quelle
Retina Italia – Retina Flash 31.3.2021

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