Das Auge isst mit – und zwar wortwörtlich

Wenn das Auge mitisst, ist das nicht nur ästhetisch zu verstehen. Die Ernährung hat einen direkten Einfluss auf die Gesundheit des Auges: Reichlich Obst und Gemüse beugen Augenkrankheiten vor oder verlangsamen deren Entwicklung. Die mediterrane Küche bietet hierbei die grösste Vielfalt.

Autor: Peter Jankovsky, Kommunikation Retina Suisse

Eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung ist gesund – eine Binsenweisheit. Doch wer denkt schon daran, dass gesundes Essen dem Altern und der Degeneration der Netzhaut entgegenwirkt? Genau darauf haben kürzlich die Experten des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) hingewiesen.

Die wichtigen Faktoren in diesem Zusammenhang sind bestimmte pflanzliche Farbstoffe. Solche findet man vor allem in grünem Gemüse wie Spinat oder Grünkohl. Wenn man die Blätter jener Gewächse in ausreichender Menge zu sich nimmt, lagern sich die Farbstoffe auf der Netzhaut ab und schützen sie vor dem UV-Licht der Sonne. Dieses stellt nämlich für die Retina einen Stressfaktor dar.

Nicht nur die Sonne belastet die Augen, sondern auch längeres Arbeiten am Computer oder stundenlanger Handykonsum. Und je stärker die Augen gestresst sind, steigt desto eher das Risiko für Zellschädigungen.

Wucherung von Äderchen verhindern

Auch dagegen helfen bestimmte Stoffe in Nahrungsmitteln: Vitamin C (zu finden in Zitrusfrüchten, Beeren oder Paprika), Vitamin E (z.B. in Nüssen oder Soja) und auch Anthocyane (in Kirschen, Auberginen oder Rotkohl) binden die freien Radikalen und können somit Zellschäden verhindern.

Ein anderer Schutzfaktor ist der Stoff Resveratrol. Man findet ihn vor allem in Trauben; aber auch Himbeeren, Maulbeeren, Pflaumen und Nüsse enthalten in ihren Schalen diesen Stoff. Resveratrol schützt die Pflanzen vor Pilzen und Bakterien – und die Experten gehen davon aus, dass er beim Menschen die Arterienverkalkung und die Bildung krankhafter Blutgefässe hemmt.

Wild wuchernde Äderchen im Inneren des Auges können bei Diabetes und der feuchten Form der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) entstehen. Diese kleinen Blutgefässe verursachen einen raschen Sehverlust speziell in der Mitte des Gesichtsfelds.

Das scharfe Sehen erhalten

Wichtige Vitamine für die Augen findet man auch in Brokkoli, Rucola, roten Rüben oder in Beeren. Diese Nahrungsmittel enthalten spezielle Carotinoide wie Beta-Carotin sowie Lutein und Zeaxanthin. Die beiden letzteren Pflanzenfarbstoffe reichern sich in der Mitte der Netzhaut (Macula lutea) an, wo sich die meisten Lichtrezeptoren befinden und wo das scharfe Sehen stattfindet.

Lutein und Zeaxanthin erhöhen im Auge die Makulapigmentdichte und unterstützen das generelle Funktionieren der Netzhaut – so kann man einer Sehverschlechterung vorbeugen oder vorhandene Schädigungen des Auges mildern.

Ausserdem stehen bei regelmässiger Zufuhr von Lutein und Zeaxanthin zusammen mit den Vitaminen C und E die Chancen gut, generell eine AMD zu verhindern. Und wenn ein Auge schon betroffen ist, können diese Stoffe zumindest in bestimmten Krankheitsstadien das Risiko für das zweite Auge senken, eine feuchte AMD zu entwickeln.

«Mittelmeer-Diät» hält die Blutgefässe in Schuss

Wie soll man also essen, damit die Augen gesund mitessen? Besonders empfehlenswert ist die mediterrane Küche. Diese Ernährungsweise ist abwechslungsreich, weil viel Fisch, Olivenöl und Gemüse verwendet werden, dafür aber wenig Fleisch oder Milchprodukte. Man findet hier genügend Carotinoide, aber auch die Vitamine C, E und A sowie Omega-3-Fettsäuren, die besonders in Meerfisch enthalten sind.

Fettsäuren sind übrigens auch ein nicht zu unterschätzender Faktor: Die Netzhaut besteht nämlich zu 60 Prozent aus ungesättigten Fettsäuren. Eine grosse Rolle spielt dabei die Gruppe der Omega-3-Fettsäuren, die in Fischsorten wie Lachs, Forelle, Schwertfisch vorkommt. Diese Fettsäuren haben möglicherweise einen deutlichen positiven Einfluss in Bezug auf AMD.

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen zudem, dass die «Mittelmeer-Diät» die Blutgefässe gut durchgängig und elastisch hält. Verengte Arterien führen nicht nur zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, sondern sie verschlechtern den Blutzufluss und behindern damit die Versorgung aller Organe, also auch der Augen, mit Nährstoffen.

Bluthochdruck, ein zu hoher Blutfett- und Blutzuckerspiegel sowie Rauchen schädigen die Wände der Blutgefässe zusätzlich – auch hier entfaltet die Mittelmeerküche teilweise eine positive Gegenwirkung.

Übersicht: Nahrungsmittel mit «augenfreundlichen» Stoffen

Pflanzliche StoffeNahrungsmittel
Vitamin AKarotten, Fisch, Broccoli, Spinat, Peperoni, Tomate, Süsskartoffeln
Vitamin CZitrusfrüchte, Beeren, Paprika
Vitamine C und E zusammenNüsse, Soja, Getreide
AnthocyaneDunkle Beeren, Auberginen, Rotkohl, Kirschen
Beta-Carotin, Lutein, ZeaxanthinSpinat, Mais, Broccoli, Rucola, Grünkohl, Randen, Beeren, Federkohl
Omega-3-FettsäurenFisch, Avocado, Spinat, Broccoli, Leinöl
Zink, SelenFisch, Meeresfrüchte, Fleisch, Geflügel und Nüsse

Nahrungsergänzungsmittel können nützlich sein

Wer die mediterrane Kost nicht geniessen kann oder will, kann auf verschiedene Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen – in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin. Diese Zusätze enthalten vor allem neben Lutein und Zeaxanthin gerne auch die Vitamine C und E sowie Zink.

Letzterer Stoff fördert die Wirksamkeit des Immunsystems und sorgt in Kombination mit Selen dafür, dass die Augen das für sie sehr wichtige Vitamin A (siehe weiter unten) aufnehmen können. Zink und Selen sind in folgenden Lebensmitteln enthalten: Fisch, Meeresfrüchte, Fleisch, Geflügel und Nüsse.

Allerdings muss man Vorsicht bei der Dosierung von Zink walten lassen, vor allem wenn man es als Nahrungsergänzungsmittel einnimmt. Es können sich relativ rasch unliebsame Nebenwirkungen einstellen, die bis zu einer Blutarmut führen. Am besten ist eine Absprache mit dem Augenarzt oder der Augenärztin.

«Retinol» oder Vitamin A

Besondere Aufmerksamkeit ist dem Vitamin A zu schenken. Der Fachbegriff für diesen Stoff lautet «Retinol», der sich in der Tat von «Retina», also der Netzhaut, ableitet. Retinol gilt als wichtiger Baustein des lichtempfindlichen Pigments Rhodopsin in den Stäbchen der Netzhaut und unterstützt damit die Hell-Dunkel-Anpassung des Auges. Vitamin A verhindert zudem im Zusammenspiel mit anderen Faktoren die Entstehung von Grauem Star.

Das Vitamin A kommt auch in einer speziellen Variante vor, nämlich als Vitamin-A-Palmitat. Forschungen zu dieser Variante weisen darauf hin, dass bei ausreichender Dosierung Sehverschlechterungen verschiedener Art merklich aufgehalten werden können. Diese Wirkung sollte sich auch bei Kindern entfalten, wie eine neuere Studie nahelegt.

Personen mit gesunden Augen brauchen Vitamin A ebenso wie Menschen mit Sehbeeinträchtigungen. Fehlt es ihnen, können sie im schlimmsten Fall nachtblind werden, weil die Bindehaut zu trocken wird.

Vorsicht bei der Dosierung

Alle Personengruppen müssen im Hinblick auf die Dosierung von Vitamin A sehr vorsichtig sein. Bei zu hohen Mengen kann dieses Vitamin wie Zink unerwünschte Nebenwirkungen haben und sogar toxisch sein. Daher sollte die genaue Einnahme, vor allem in Form eines Nahrungsergänzungsmittels, unbedingt mit dem behandelnden Arzt oder Ärztin besprochen werden.

Zu guter Letzt ist nie zu vergessen: Die Augen und ihr Tränenfilm benötigen genügend Flüssigkeit, also sollte man viel trinken. Am besten nimmt man täglich mindestens zwei Liter Flüssigkeit zu sich. So können trockene und gereizte Augen vermieden werden. Natürlich kann man hier auch blinzeln: 6 bis 10 mal pro Minute helfen, die Augenoberfläche feucht zu halten.

Weiterführender Link

https://www.pro-retina.de/forschung/therapie/amd-und-ernaehrung

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