Retina Suisse hat eine Übersicht über die wichtigsten Punkte und mögliche Fragen rund um den Grünen Star (Glaukom) zusammengestellt.
Personal Story: Wie lebt man mit Grünem Star? Zwei betroffene Menschen aus dem Luzernischen erzählen
Was ist ein Glaukom bzw. Grüner Star?
Das Glaukom (grüner Star) ist ein Sammelbegriff für Augenkrankheiten, die durch einen fortschreitenden Schaden am Sehnerv gekennzeichnet sind (oft, aber nicht immer verbunden mit einem erhöhten Augendruck).
Ohne Behandlung führt ein Glaukom nach Jahren zum unwiderruflichen Verlust des Sehvermögens.
Den Grünen vom Grauen Star unterscheiden
Der Begriff «Star» hat nichts mit dem Singvogel zu tun – er ist vielmehr auf den starren Blick zurückzuführen, der bei unbehandelten und daher erblindeten Patienten mit Grauem und Grünem Star zu beobachten ist.
Der Graue Star (= Katarakt) ist eine Eintrübung der vormals glasklaren Augenlinse. Durch eine Verdichtung des Linsenmaterials und einen Elastizitätsverlust des Linsengewebes entsteht ein unscharfes Seh-Bild mit Kontrastverlust. Die Folge sind verschwommenes Sehen, zunehmende Blendempfindlichkeit und manchmal auch eine veränderte Farbwahrnehmung oder Doppeltsehen – man sieht wie durch einen grauen Schleier. Das altgriechische Wort «Katarakt» bedeutet «Wasserfall» und bezieht sich auf die leicht erkennbare Weissfärbung der Pupille bei fortgeschrittener Linsentrübung – diese erinnert an die Gischt eines Wasserfalls.
Der Grüne Star (= Glaukom) ist eine Erkrankung des Sehnervs, bei der die Nervenfasern des Auges irreversibel geschädigt werden. Infolgedessen entstehen charakteristische Ausfälle im Gesichtsfeld, die von den Betroffenen meist sehr spät als Sehverlust bemerkt werden. «Glaukom» kommt vom altgriechischen Wort «glaukos», das bedeutet «grau-bläulich» oder «farbig wie das Meer» bedeutet. Es bezieht sich auf die blau-graue Verfärbung der Regenbogenhaut, die früher bei fortgeschrittenem Glaukom oftmals beobachtet werden konnte.
Was sind die Symptome des «Langzeit-Glaukoms»?
Das Hauptphänomen ist die allmähliche Einschränkung des Gesichtsfeldes.
Ein Glaukom beginnt unbemerkt mit der diskreten Entwicklung blinder Flecken oder einem flächenweisen Verlust des Sehvermögens über Monate bis Jahre. Die blinden Flecken werden langsam grösser und verschmelzen miteinander.
Der Verlust des Sehvermögens tritt so schrittweise ein, dass er oft nicht bemerkt wird, bis ein grosser Teil bereits verloren gegangen ist.
Das periphere Sehvermögen geht für gewöhnlich zuerst verloren: Menschen können Treppen übersehen, beim Lesen feststellen, dass Teile von Wörtern fehlen oder dass sie Schwierigkeiten beim Fahren haben.
Weil das zentrale Sehvermögen in der Regel zuletzt verloren geht, entwickeln viele Menschen einen Tunnelblick: Sie sehen gerade vor sich perfekt, werden jedoch in alle anderen Richtungen blind.
Wenn ein Glaukom unbehandelt bleibt, geht am Ende auch der Tunnelblick verloren, und man erblindet.
Ein Sonderfall: das Akut-Glaukom bzw. der Glaukom-Anfall
Der Augendruck steigt plötzlich schnell an.
Betroffene haben in der Regel starke Augen- und Kopfschmerzen, Rötungen, verschwommene Sicht, regenbogenfarbene Lichthöfe rund um Lichtquellen und einen schnellen teilweisen oder kompletten Verlust des Sehvermögens.
Sie können als Reaktion auf den Anstieg des Augendrucks auch unter Übelkeit und Erbrechen leiden.
Das akute Glaukom wird als medizinischer Notfall betrachtet, weil Betroffene ihr Sehvermögen innert zwei bis drei Stunden nach dem Auftreten der Symptome verlieren könnten.
Die Risikofaktoren des «Langzeit-Glaukoms» sind vielfältig
• Erhöhter Augeninnendruck
• Glaukom-Fälle in der Familie
• Älter als 40 Jahre
• Niedriger und schwankender Blutdruck (bei Normaldruckglaukom)
• Durchblutungsstörungen
• «Flammer-Syndrom»: Gefässkrämpfe an den Gliedmassen (kälte Hände oder Füsse), Schlaf-Apnoe (Atemstillstand), Tinnitus, Migräne, niedriger Body-Mass-Index (bei Normaldruckglaukom)
• Gefässverschlüsse in der Netzhaut
• Höhergradige Kurzsichtigkeit wie auch höhergradige Weitsichtigkeit
• Lange Kortisontherapie
• Nervenerkrankungen
• Multiple Sklerose
• Parkinson
• Diabetes mellitus
• Vorherige Augenverletzung oder -operation
• Nikotingenuss
• Ethnische Gruppenzugehörigkeit: Menschen vom afrikanischen Typ haben ein bis zu fünf Mal höheres Risiko
Ein Glaukom entsteht vor allem, weil der Druck im Auge zu hoch ist
Der Augapfel ist mit Flüssigkeit gefüllt. Zusätzlich wird im vorderen Augenteil weitere Flüssigkeit vom Ziliarkörper hinter der Iris (in der Hinterkammer) produziert. Es dringt durch die Pupille in den vordersten Augenbereich (Vorderkammer), wo es Augenlinse und Iris umspült, das vordere Augeninnere mit Nährstoffen versorgt und Stoffwechselprodukte abtransportiert. Schliesslich fliesst überschüssiges Kammerwasser über Kanälchen zwischen der Iris und der Hornhaut (dem «Kammerwinkel») ab.
In gesundem Zustand funktioniert das System wie ein Wasserhahn (Ziliarkörper) und ein Abfluss in der Spüle (Abflusskanälchen).
Ein Ungleichgewicht entsteht, wenn die Spüle (der Abfluss) «dichtmacht» oder sich verstopft, während der Wasserhahn immer noch läuft.
Weil die Flüssigkeit im Auge nirgendwohin kann, erhöht sich der Druck im vorderen Augenteil. Und dieser Druck überträgt sich auf den ganzen Augapfel, was schliesslich den Sehnerv belastet und schädigt – so entsteht ein Glaukom.
Zu viel Druck: Offenwinkel- und Engwinkel-Glaukom
Etwa 90 Prozent aller Glaukom-Patienten leiden an einem Offenwinkelglaukom. Die Probleme verursacht ein schwammartiges Gewebe im Kammerwinkel des Auges, das den Abfluss des überschüssigen Kammerwassers behindert und den geschilderten Überdruck erzeugt.
Bei einem sogenannten primären Offenwinkelglaukom sind beide Augen betroffen, und die Augenkrankheit heilt nicht eigenständig wieder ab. Welche Ursache zur Entstehung des Defektes führt, ist noch nicht abschließend geklärt.
Anders ist es beim sekundären Offenwinkelglaukom. Hier stehen meist eine Entzündung, eine Blockierung durch Tumorzellen beziehungsweise rote Blutkörperchen oder die Nebenwirkungen einer Kortison-Therapie hinter der Erkrankung.
Zudem gibt es auch das Engwinkelglaukom:Wenn die vordere Augenkammer besonders flach ausgebildet ist, kann es vorkommen, dass die Iris den Augenwinkel verengt oder sogar völlig verschliesst und Überdruck erzeugt. Dies geschieht vor allem dann, wenn sich die Pupille stark weitet. Tritt die resultierende Abflussstörung des Kammerwassers plötzlich auf, entsteht ein Glaukomanfall (akuter Winkelblock) – siehe oben unter «Akut-Glaukom».
Nicht zu viel Druck: das Normaldruckglaukom
Manchmal steigt der Augendruck innerhalb des Normalbereiches an, ist jedoch trotzdem höher als es der Sehnerv vertragen kann. Dies wird als Niedrigdruckglaukom oder Normaldruckglaukom bezeichnet.
Die Gründe für ein Normaldruckglaukom sind vielfältig: In diesen Fällen sind überwiegend zu niedrige Blutdruckwerte, Durchblutungsstörungen oder auch Gefäss-Spasmen die Verursacher.
Im Übrigen können aber auch Diabetes, schwere Entzündungen im Auge, eine dauerhafte Kortisontherapie oder andere Medikamentenkuren, eine Augenvenenthrombose, eine problematische Katarakt-Operation (Grauer Star) sowie, last but not least, zu hoher Blutdruck zu einer Schädigung des Sehnervs führen.
Und wie sehen die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten aus?
Den meisten GlaukompatientInnen kann mit Augentropfen (Antiglaukomatosa), die den Augendruck senken, geholfen werden.
Es gibt mehrere unterschiedliche Tropfen-Wirkstoffgruppen, die sich in der Glaukomtherapie bewährt haben. Die wichtigsten sind: die Prostaglandine, die Betablocker, die Alpha-Agonisten und die lokalen Carboanhydrasehemmer.
Wenn die medikamentöse Behandlung nicht zum angestrebten Ziel führt, kommen laserchirurgische bzw. operative Massnahmen zur Augendrucksenkung in Betracht.
Die Laser-Trabekuloplastik (ALT oder SLT) kann zuweilen eine medikamentöse Therapie ergänzen und ist risikoarm.
Die am häufigsten durchgeführte Operation ist die Trabekulektomie (Filtrationsoperation).
Je nach Befund und Glaukomform können aber auch andere Operationen sinnvoll sein.
Welche Therapie für den Patienten infrage kommt, muss der Augenarzt anhand zahlreicher Faktoren wie dem persönlichen Risiko einer Verschlechterung, dem Ausmass des bereits eingetretenen Schadens am Sehnerv und der Zuverlässigkeit der Einnahme von Augentropfen entscheiden.
Zusammengestellt und redigiert von PJ unter Einbezug folgender Quellen:
MSD Manual; Inselspital Bern; Universitätsspital Zürich; Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft; St.Johannes Hospital Dortmund; Heimat-Krankenkasse Bielefeld; Deutsche Familienversicherung